In diesem Blogartikel erfahren Sie mehr über das Rollen von Gewinden. Es erwarten Sie spannende Einblicke in die unterschiedlichen Arten von gerollten Gewindesystemen und deren Anwendungen bis hin zu den Prüfverfahren.
Physikalisch gesehen ist ein Gewinde eine spiralförmige schiefe Ebene; eine Schraube und die passende Mutter stellen eine Gleitkombination dar. Für den Einsatz von Gewinden gilt folgende Faustregel: Gewinde mit kleiner Steigung werden für die Befestigung und Gewinde mit grösserer Steigung für die Bewegung verwendet.
Gewindebezeichnungen setzen sich aus einem Kennbuchstaben für das Gewindeprofil und den Angaben des Aussendurchmessers sowie gegebenenfalls weiteren Angaben zusammen. So steht bei der Bezeichnung Gewinde M10 das M für ein metrisches Regelgewinde mit einem Aussendurchmesser (Nenngrösse) von 10 mm und einer Steigung von 1,5 mm. Folgt nach M10 noch das Kürzel LH (left hand), handelt es sich um ein linksgängiges Gewinde. Üblich sind jedoch Gewinde, welche sich im Uhrzeigersinn drehen. Diese sind rechtsdrehende Gewinde (Rechtgewinde) und werden mit RH abgekürzt.
Die im Folgenden beschriebenen Gewindesysteme und ihre Gewindeprofile gelten für alle bekannten Herstellungsarten wie Fräsen, Drehen, Wirbeln, Schleifen oder Rollen. Bei gerollten Gewinden darf der Hersteller das Normprofil teilweise modifizieren.
Die drei bekanntesten gerollten Gewindesysteme sind:
In allen drei Gewindesystemen gibt es sowohl Regel- als auch Feingewinde. Obwohl derzeit noch keine weltweit vereinheitlichte Gewindenormung in Sicht ist, gilt das Gewinde als das am umfassendsten normierte Maschinenelement. Neben allgemein gültigen Normen existieren spezielle "Angaben" für Bewegungsgewinde. Diese sind aber meist vom Hersteller abhängig.
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Das metrische Gewinde ist ein weltweit standardisiertes Gewinde mit metrischen Abmessungen und einem 60 Grad Flankenwinkel (siehe Abb. 2 Gewindeprofil des metrischen ISO-Gewindes). Die Aussenkanten verlaufen keilförmig zusammen daher wird es auch Spitzgewinde genannt. Das „M“ steht hierbei für metrisches Regelgewinde, die dahinterstehende Zahl gibt den Aussendurchmesser in Millimeter an. Die genaue Definition ist in DIN 13 und DIN 14 definiert. Die Bezeichnung „MF“ steht für das metrische ISO-Feingewinde, dieses weist eine kleinere Steigung auf und wird unter anderem in der Uhrenindustrie oder in Messgeräten eingesetzt.
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Abb. 2: Grundprofil des metrischen ISO-Gewindes nach DIN 13
Das MJ-Gewinde (ISO 5855) ist eine Modifikation des metrischen ISO-Gewindes und wird mit einem vergrösserten Kerndurchmesser und Radius am Gewindegrund in der Luft- und Raumfahrttechnik eingesetzt.
Die folgenden Abkürzungen des metrischen Gewindeprofils gelten für die Aussengewinde am Bolzen.
Benannt nach seinem Erfinder Sir Josep Whitworth wird das Whitworth-Gewinde in Zoll angegeben. Anders als beim metrischen ISO-Gewinde beträgt der Flankenwinkel des Whitworth-Gewindes 55°.
Das Gewindeprofil des nach British Standard 84 genormten Whitworth-Gewindes (Abb. 5) lässt sich unterscheiden in: BSW (British Standard Whitworth; Whitworth-Regelgewinde), BSF (British Standard Fine; Feingewinde) und BSP/G (British Standard Pipe; Rohrgewinde; nach DIN ISO 228 mit Bezeichnung "G") unterschieden.
Die Steigung P errechnet sich aus der in den Masstabellen angegebenen Gangzahl (Zahl der Windungen pro Zoll). Die folgende Grobdefinition gilt für Aussengewinde am Bolzen.
Abb. 5: Grundprofil des Whitworth-Gewindes nach BS 84
Die amerikanischen ISO-Zollgewinden (UST-Gewinde nach ASME B 1.1 und B 1.2):
UNC Unified National Coarse (Grobgewinde), UNF Unified National Fine (Feingewinde), UNEF Unified National Extra Fine (Extrafeingewinde), UNS Unified National Special ("freies" Spezialgewinde mit zusätzlichen Angaben) und UNJ Unified National thread series with external thread controlled root radius (ISO-Zollgewinde mit vergrössertem Kerndurchmesser und Radius am Gewindegrund) unterschieden, vergleichbar mit dem MJ-Gewinde.
Abb. 6: Grundprofil des ISO-Zollgewindes
Die Angaben für den Aussendurchmesser und die in den Masstabellen abgegebene Gangzahl basieren auf der Längeneinheit Zoll (1 Zoll = 24,4mm). Der Flankenwinkel beträgt wie beim metrischen ISO-Gewinde 60°. Das in Abbildung 6 gezeigte Profil des ISO-Zollgewindes entspricht somit dem des metrischen ISO-Gewindes.
In diesem Abschnitt werden weitere Gewindeprofile beschrieben, die für das Gewinderollen von Bedeutung sind: das Trapezgewinde, das Rundgewinde, das gotische Kugelgewinde.
Beim Trapezgewinde nach DIN 103 folgt der Nenndurchmesser und die Steigung der Norm des metrischen ISO-Gewindes; die Gewindetiefe h3 beträgt 0,5P, der Flankenwinkel 30° (Abb. 7). Beim Trapezgewinde nach DIN 380 (geringere Tragtiefe) wird der Kerndurchmesser um 0,4P angehoben, im Übrigen ist das Profil identisch mit dem nach DIN 103. Für das Gewinderollen ist am Kerndurchmesser ein Radius zulässig (P/2 0,15).
Abb. 7: Grundprofil des Trapezgewindes nach DIN 103
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Rundgewinde nach DIN 405 eignen sich besonders für Armaturen, da es besonders unempfindlich gegen Schmutz und Beschädigungen ist. So verfügen Feuerwehrrohre und -schläuche über Gewinde, die unempfindlich gegen Schlag und Schmutz sind (Abb. 8). Der Aussendurchmesser wird in Millimeter angegeben, die Steigung in Zoll. Erwähnenswert ist, dass das Gewinde der Mutter einen anderen Radius hat als das der Schraube.
Abb. 8: Grundprofil des Rundgewindes nach DIN 405
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Das gotische Kugelgewinde
Das Profil des gotischen Kugelgewindes (Abb. 9) wird für Gewindespindeln in Kugelgewindetrieben eingesetzt und ist zur Entstehungszeit dieses Buches nicht genormt.
Abb. 9: Gotisches Gewindeprofil für Kugelgewindespindeln
P Steigung, x Radiusversatz
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Neben den gängigen zu Beginn des Artikels aufgeführten gerollten Gewindesystemen gibt es noch diverse Sondergewinde mit eigenem Profil:
Die Passgenauigkeit eines Aussengewindes in einem Mutterelement mit Innengewinde wird bestimmt durch die folgenden Elemente:
Die Steigung von Regelgewinden hängt direkt mit dem Aussendurchmesser zusammen (Durchmesser-Steigungs-Reihe). Der Flankendurchmesser ist deshalb wesentlich, weil er die Toleranzbasis (Nulllinie) darstellt (Abb. 10).
Die ISO-Gewindetoleranzen setzen sich, wie dies auch beim Toleranzsystem für Passungen der Fall ist, aus einer Angabe für die Toleranzlage und einer für die Grösse des Toleranzfelds zusammen.
Die Toleranzlage wird durch einen der Kennbuchstaben a bis h bestimmt, die Grösse des Toleranzfelds wird durch eine Ziffer zwischen 3 und 9 angegeben (Abb. 10). Zur besseren Unterscheidung von den Passungstoleranzen wird die Ziffer – die Grösse des Toleranzfelds – beim Gewinde zuerst genannt, also z.B. 6h und nicht h6. Je kleiner die Zahl desto genauer ist die Toleranz.
Abb. 10: Toleranzlage (x) und Grösse des Toleranzfelds (y) bei einem Gewinde
Bei einem Gewinde können der Flankendurchmesser und der Aussendurchmesser unterschiedliche Toleranzen aufweisen. So bedeutet M10-4h-6g, dass die Toleranz des Flankendurchmessers 4h und die des Aussendurchmessers 6g beträgt. Enge Toleranzen eines Gewindes erlauben grössere Toleranzen des zugehörigen Mutterelements und umgekehrt.
Die Toleranzlagen a bis g eignen sich besonders dann, wenn ein Oberflächenschutz (Feuerverzinken, galvanisches Verzinken oder Verchromen) mit den heute gebräuchlichen Schichtdicken vorgesehen ist.
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Beim Dreidraht-Prüfverfahren werden zwei zylindrische Prüfdrähte auf der einen und ein Prüfdraht auf der gegenüberliegenden Seite in die Gewindegänge gelegt (Abb. 11). Dann wird mit den ebenen und parallelen Prüfflächen eines Messgeräts, z.B. einer Messschraube, der äussere Abstand zwischen den Prüfdrähten, das Prüfmass M, gemessen und aus diesem der Flankendurchmesser d2 des Aussengewindes bestimmt. Für den Prüfdrahtdurchmesser sind zwei Bedingungen zu erfüllen: Der Durchmesser der Prüfdrähte muss so gross sein, dass sie über die Gewindespitzen herausragen. Die Prüfdrähte müssen möglichst nahe am theoretischen Flankendurchmesser anliegen, damit vorhandene Flankenwinkelabweichungen das Messerergebnis nicht wesentlich beeinflussen können. Der theoretische Messdrahtdurchmesser wird rechnerisch bestimmt.
Abb. 11: Dreidraht-Prüfverfahren zum Messen eines Gewindes:
M Mass über Messdraht
In den meisten Fällen wird das Gewinde mit einem Lehrring geprüft. Nur selten wird eine Bügelmessschraube mit Messeinsätzen verwendet. Dabei wird das Gewinde direkt auf der Gewindeflanke gemessen (Abb. 12). Die Messeinsätze sind geschliffen und weisen den Gewindeflankenwinkel auf. Das Messwerkzeug, eine Bügelmessschraube mit Bohrungen für die Einsätze, ist hierbei serienmässig für metrische und zöllige Gewinde erhältlich. Mit Lehrringen wird die Gewindetoleranz (Gängigkeit) geprüft: Der Gutlehrring muss auf dem Gewinde laufen, der Ausschusslehrring darf nicht laufen.
Abb. 12: Bügelmessschraube
Ein weiteres Prüfverfahren ist die Gewinderachenlehre (oder auch Grenzlehre genannt), mit der man den Flankendurchmesser eines Gewindes überprüft. Die Gutseite der Rachenlehre verkörpert das zulässige Grösstmass und muss aufgrund ihres Eigengewichts über die Prüfstelle gleiten. Die Ausschussseite ist um die Toleranz kleiner und verkörpert das Kleinstmass und muss dem Eigengewicht standhalten. Das Ergebnis ist gut oder schlecht bzw. Nacharbeit erforderlich.
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Literatur und Quellen
Apel, H. (1952). Gewindewalzen: Kaltverformen von Präzisionsgewinden und Spindeln. Hanser.
DeWiki (2022, 3.August). Lexikon Gewinde. https://dewiki.de/Lexikon/Gewinde
Kübler, K. & Mages W.J. (1986). Handbuch der hochfesten Schrauben, (1. Aufl.). Girardet.
Peters, H. (2003). Mathematisch-Technisch-Algorithmisch-Linguistisches Sammelsurium. http://www.hp-gramatke.de
Trösch, B. & Husistein, K. (2007). Bibliothek der Technik -, Band 286, Gewinderollen. Moderne Industrie.
Verein Deutscher Eisenhüttenleute (1984) (Hrsg.). Werkstoffkunde Stahl, Bd. 1. Springer,
Wikipedia (2022, 3. August). Metrisches ISO-Gewinde. https://de.wikipedia.org/wiki/Metrisches_ISO-Gewinde
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Abbildungen: Nr. 1, 23-25 RWT Rollwalztechnik GmbH, Engen; Nr. 2 Foto Deutsches Museum, München; Nr. 3 Musée du tour automatique et d'histoire de Moutier, Moutier (Schweiz); Nr. 16 Fette GmbH, Schwarzenbek; Nr. 18 Meinrad Plaz, Staufen (Schweiz); Nr. 26 Habegger SA, Court (Schweiz); Nr. 34-36 FBT Fahrzeug- und Maschinenbau AG, Thörigen (Schweiz); Nr. 37, 38 Schleuniger AG, Thun (Schweiz); Nr. 39, 40 Max-Planck-Institut für Physik (Heisenberg-Institut), München; Nr. 41 Saurer AG, Arbon (Schweiz); Nr. 42 Line Tech AG, Glattbrugg (Schweiz); alle übrigen Eichenberger Gewinde AG, Burg (Schweiz). Satz: abavo GmbH, D-86807 Buchloe. Druck und Bindung: Sellier Druck GmbH, D-85354 Freising. Printed in Germany 889030.